Geschichte des Projekts
Ein internationales Vorhaben
Das erste internationale Projekt der 1919 gegründeten Union Académique Internationale (UAI) wurde das Corpus Vasorum Antiquorum (CVA).
Der Initiator des Vorhabens Edmont Pottier, Kurator der orientalischen Altertümer und der antiken Keramik im Louvre, legte 1922 den ersten Band der Serie vor, in der die gesamte antike Gefäßkeramik in den Museen und Sammlungen publiziert werden soll.
Das Unternehmen steht in der Tradition der großen Text- und Inschriftencorpora des 19. Jahrhunderts, die sich zum Ziel gesetzt haben, die vollständige Sammlung aller Quellen als Grundlage für eine fundierte Forschung zur Verfügung zu stellen. Für ein Corpus von Gegenständen, die zudem oft mit Bildern bemalt sind, brauchte es jedoch erst die Fotografie und einen geeigneten Fotodruck als Voraussetzung.
Pottier selbst hatte erstmals einen Bildkatalog antiker Vasen des Louvre vorgelegt und dort betont, dass für jede wissenschaftliche Beurteilung einer Vase zumindest die vertrauenswürdige Abbildung benötigt wird, wenn ansonsten keine Autopsie des Stückes möglich ist: „Je me suis donné pour règle de ne jamais dècrire un vase sans renvoyer en même temps à une reproduction.“
In den ersten Bänden des neuen Vasencorpus wurde besonderer Wert auf die Vorstellung möglichst vieler Gefäßen gelegt; so sind im ersten Faszikel zum Louvre ca. vierhundert Gefäße auf 48 Tafeln dokumentiert.
Der erste Band des CVA: Louvre 1 von 1922
Die Etablierung eines Forschungsinstruments
Seit diesen Anfängen hat sich das Corpus weiterentwickelt und spiegelt dabei die veränderten Schwerpunkte der Vasenforschung wider. Prägend war vor allem John D. Beazley, der 1927 den ersten Corpusband zum Ashmolean Museum in Oxford verfasste.
Während für Edmont Pottier die allgemeinen Charakteristika einer bestimmten Gefäßproduktion Rückschlüsse auf die Kultur der Hersteller ermöglichten, galten Beazleys Forschungen der Klassifizierung der Bemalung und der Zuweisung an bestimmte Maler. Für solche Fragen waren die überblicksartigen Tafeln der frühen CVA-Bände eher ungeeignet. Beazley fokussierte die Abbildungen auf die bildlichen Darstellungen, verzichtete sogar manchmal auf die Abbildung der gesamten Gefäßform und fügte stattdessen Detailaufnahmen der Bemalung hinzu.
Schließlich folgte auch das Forschungsprogramm des Projektes den veränderten Interessen: Statt die Keramik der gesamten Alten Welt aufzunehmen, konzentrierte man sich auf die bemalte griechische Keramik und die von ihr beeinflussten Waren. Mit dieser Beschränkung war zudem die Hoffnung verbunden, das Projekt überhaupt je zu Ende bringen zu können. Die weitgefassten Ziele von Pottier wären wohl nie erreicht worden.
Das Corpus Vasorum in Deutschland
Als Verlierer des ersten Weltkriegs waren die deutschen Akademien zunächst nicht Mitglied der UAI und Deutschland auch nicht Teil des Corpusprojekts. Erst mit dem Beitritt zur UAI 1935 wurde eine Beteiligung geplant.
War zunächst noch unklar ob Berlin oder München, die zwei Orte mit den größten Beständen an antiken Vasen, der Sitz der deutschen Sektion sein sollte, gab schließlich die Kompetenz von Ernst Buschor als Vasenforscher den Ausschlag für München.
Als Lehrstuhlinhaber für Klassische Archäologie und Akademiemitglied an der Ludwig-Maximilians-Universität etablierte er die Arbeitsstelle bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, wo sie am 1. April 1937 die Arbeit aufnahm.
Seitdem sind über einhundert Bände zu den Beständen deutscher Museen und Sammlungen herausgegeben worden. Die Bearbeiter waren anfangs teilweise Angestellte des Museums. Später wurden sie zumeist durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert.
Seit 1980 ist das deutsche CVA ein Projekt des Akademienprogramms, das von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften koordiniert wird. Damit ist eine Finanzierung gesichert, die eine zügige und planbare Grundlagenforschung ermöglicht.
Literatur
M. Bentz, Zur Geschichte des CVA, in: Vasenforschung und Corpus Vasorum Antiquorum. Standortbestimmung und Perspektiven, CVA Deutschland Beihefte 1 (München 2002) 9–15 (zum PDF)
D. Kurtz, A Corpus of Ancient Vases, Revue Archéologique 2004, 259–286 (zum Beitrag)
P. Zanker – S. Schmidt, Antike Lebenswelten am Mittelmeer, Akademie Aktuell 2009, H. 2, 44–46 (zu Akademie Aktuell)
Projektleiter
1937–1961 | Ernst Buschor (1886–1961), Archäologe |
1962–1967 | Hans Möbius (1895–1977), Archäologe |
1968–1987 | Emil Kunze (1901–1994), Archäologe |
1987–2016 | Paul Zanker (*1937), Archäologe |
Seit 2016 | Matthias Steinhart (*1966), Archäologe |
Redaktion
1937–1962 | Adolf Greifenhagen |
1962–1966 | Dietrich Schulz |
1966–1999 | Heinrich B. Siedentopf |
1999–2004 | Martin Bentz |
2004–2005 | Ralf von den Hoff |
2005–2006 | Nicola Hoesch |
Seit 2006 | Stefan Schmidt |