Logo der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Corpus Vasorum Antiquorum (CVA)

Menu

Griechische Vasen als Grundlage historischer Forschung

Die Materialbasis

Das Corpus Vasorum Antiquorum erschließt, dokumentiert und publiziert die antike griechische und griechisch geprägte bemalte Keramik in öffentlichen Museen und Sammlungen. Das archäologische Material, das dem Projekt zugrunde liegt, repräsentiert dabei jedoch keineswegs die gesamte Produktion von griechischer Feinkeramik. Es ist bestimmt durch die teilweise wechselnden Sammlungsinteressen und ästhetischen Bewertungen seit dem 18. Jahrhundert.

Als Kunstwerke oder zumindest als vorbildliches Kunsthandwerk angesehen und gesammelt, haben die Gefäße nur in den seltensten Fällen einen archäologischen Kontext. Einerseits mindert dies zwar den historischen Quellenwert des Materials. Es gibt wissenschaftliche Fragen etwa zu den Konsumenten und den Rezipienten der bildlichen Darstellungen, die aus beobachteten Fundkontexten heraus besser zu beantworten sind. Andererseits ermöglichen erst die Sammlungsbestände von meist gut erhaltenen Gefäßen eine grundlegende historische Bestimmung der Produktion und der Intention der Darstellungen.

Die große Menge erhaltener Gefäße erlaubt eine klassifizierende Zuweisung an Töpfer, Maler, Werkstätten oder Herstellungszentren sowie die daraus resultierende Datierung. Damit erhalten die Vasen einen historischen Kontext.

Die Vielzahl vergleichbarer Vasen erleichtert die Identifizierung und Interpretation von Darstel­lungs­inhalten sowie deren Korrelation mit den Gefäßfunktionen. Damit eröffnen sich Einblicke in die Lebens- und Vorstellungswelt der griechischen Antike.

Erschließen

Die Aufgaben des Vorhabens gliedern sich in drei Bereiche. Am Anfang steht die Erschließung des Materials. Das bedeutet zum einen eine genaue Untersuchung des antiken Bestandes der Gefäße.

Da viele bereits im 18. und 19. Jahrhundert restauriert wurden, sind in enger Abstimmung mit den Museumsrestauratoren oft eine Reinigung, von Fall zu Fall eine Untersuchung unter UV-Licht und manchmal gar eine komplette Zerlegung erforderlich, um den antiken Bestand von neuzeitlichen Ergänzungen zu unterscheiden.

Zum anderen führt die intensive Suche in den Museumsmagazinen nicht selten zu Funden von bisher unbekannten Scherbenkomplexen, oder zur Zusammenführung von Fragmenten eines Gefäßes, die über verschiedene Museen verteilt wurden.

Dokumentieren

Zentrale Aufgabe ist die Dokumentation von Gefäßen und Fragmenten. Dabei ist die Fotografie das wichtigste Medium. Je besser und präziser die Aufnahmen sind, desto eher können Sie den Forschern helfen, ihre Fragen an die griechischen Vasen zu beantworten, im besten Fall auch solche Fragen, an die heute noch niemand denkt und die sich erst in Zukunft aus neuen Forschungsinteressen ergeben.


Fotografische Dokumentation des Kopfgefäßes Berlin F 2190 (CVA 103).

Zum Bewegen die Abbildung mit gedrückter linker Maustaste ziehen.

Ergänzend zur Fotografie, die vor allem die Oberfläche, die Farben, Bilder und Ornamente wiedergibt, wird in den Publikationen die Form der Gefäße durch Profilzeichnungen festgehalten. Dabei können die Proportionen der Gefäße und insbesondere die Ausarbeitung von Details an Füßen und Rändern Hinweise auf einen bestimmten Töpfer und die von ihm benutzten Schablonen geben. Ganz ähnlich wie die Charakteristika und die Linienführung der Bemalung Rückschlüsse auf einzelne Maler erlauben.

 

Profilzeichnungen attischer Trinkschalen auf einer CVA Beilage (Abbildung CVA 98)

Weitere Zeichnungen werden immer dann eingesetzt, wenn Details dargestellt werden sollen, die sich fotografisch nicht dokumentieren lassen. Das können Spuren von verlorenen Farbaufträgen oder von Inschriften sein. Sonst fast unsichtbare geritzte Vorzeichnungen zu den Bildern geben Einblicke in die Arbeitsweise des Malers und lassen seine Handschrift erkennen.

Vorzeichnungen auf der Schale München SH 2597 (Abbildung: CVA 98)

Kommentieren

Gegenüber der visuellen Dokumentation, die ein so weit als möglich zeitloses und dauerhaftes Forschungsinstrument sein soll, ist die Erfassung im Text stärker von dem gerade aktuellen Forschungsstand abhängig. Die Beschreibung weist einerseits auf Dinge hin, die in den Fotos und Zeichnungen nicht sichtbar gemacht werden können. Andererseits gibt sie Hilfestellungen bei der Identifikation von Gegenständen und Themen der Bilder. In einem Kommentar werden schließlich das Gefäß und die Bemalung durch Vergleiche datiert und klassifiziert, sowie Hinweise darauf gegeben, wo und wie die Vase in der bisherigen altertumswissenschaftlichen Forschung eine Rolle gespielt hat, bzw. für die Beantwortung welcher Forschungsfragen sie einen Beitrag liefern kann.

Forschung und Digitalisierung

Als Grundlagenforschung steht im Zentrum des Corpus-Projekts die Bereitstellung von wissenschaftlichen Daten und Material. Darüber hinausführende Forschungsfragen werden seit 2002 in regelmäßig stattfindenden internationalen Tagungen zur Diskussion gestellt. Die Ergebnisse werden als Beihefte zum CVA Deutschland publiziert und orientieren über die Entwicklung und Trends der Forschung zur antiken Keramik.

Seit 2004 sind alle bisherigen Corpus-Bände des internationalen Projekts über eine Datenbank der University of Oxford frei im Internet verfügbar (CVA digital).

Literatur

N. Hoesch – R. von den Hoff, Das Corpus Vasorum Antiquorum – ein modernes Forschungsinstrument, Akademie Aktuell 2006, H. 3, 16–19 (zu Akademie Aktuell)

S. Schmidt, CVA Today. Some Remarks, in: Cahiers du Corpus Vasorum Antiquorum France (Paris 2014) 9–12 (zum PDF)

W. van de Put, Corpus Vasorum Antiquorum: a Future for Ideals of the Past?, Forum Archaeologiae 74/III/2015 (zum Artikel)

N. Eschbach, Scherben bringen Glück. Von Jagdinstinkt und detektivischem Gespür: Anmerkungen zur Arbeit in Museen und Sammlungen für das Corpus Vasorum Antiquorum, Akademie Aktuell 2015, H. 2, 67–71 (zu Akademie Aktuell)